GESCHICHTE
Der Verein „Tiere als Therapie“: Eine Erfolgsgeschichte der tiergestützten Therapie in Österreich
Der Verein „Tiere als Therapie“ (TAT) wurde 1991 von der Biologin Dr.in Gerda Wittmann gegründet. Die Idee, die heute weit verbreitete tiergestützte Therapie (AAT) in Österreich zu etablieren, nahm bereits Ende der 1980er Jahre Formen an. Damals suchte Dr.in Wittmann in einer Tageszeitung nach Tierhalter:innen, die mit ihren gutmütigen Tieren Altenheime besuchen wollten.
Während ihres langjährigen Aufenthalts in Australien hatte sie die tiergestützte Therapie kennengelernt und sich nach ihrer Rückkehr dazu entschlossen, dieses Konzept auch in Österreich umzusetzen.
1987 gründete sie den Arbeitskreis „Tiere als Therapie“, der die erste Basis für den späteren Verein bildete.

Hürden und Durchbrüche der Anfangsjahre
In den angelsächsischen Ländern war die Integration von Tieren in die Therapie bereits ein etablierter Ansatz. In Österreich jedoch stieß die Idee anfangs auf erhebliche Widerstände. Die Vorstellung, ein Tier, insbesondere einen Hund, in ein Krankenhaus oder Pflegeheim zu bringen, weckte Bedenken hinsichtlich Hygiene und möglicher Beißunfälle. Doch Dr.in Wittmann und ihre Mitstreiter:innen ließen sich nicht entmutigen.
1988 gelang es ihnen, das erste Tierbesuchsprogramm im Garten des Pflegeheims Lainz – heute das Geriatriezentrum am Wienerwald – zu etablieren. Bald darauf durften die Tiere auch die Innenräume des Heims betreten, und es war keine Seltenheit mehr, dass sie sich mit den Patient:innen auch im Bett aufhielten.
Wissenschaftliche Forschung und kontinuierliche Weiterentwicklung
Im Jahr 1991 wurde schließlich der Verein „Tiere als Therapie“ ins Leben gerufen. Die ersten Jahre des Vereins standen im Zeichen intensiver Forschung und wissenschaftlicher Arbeit. Unter der Leitung von Prim. Dr.in Eva Fuchswans am Geriatriezentrum am Wienerwald und weiteren Experten wie Prim. Dr. Tölk und Prof. Hermann Bubna-Littitz wurden bedeutende Studien zur Wirksamkeit der tiergestützten Therapie durchgeführt. Zudem entstanden zahlreiche Diplomarbeiten auf dem Gebiet der Psychologie, Heilpädagogik und Sozialwissenschaften.
Ab 1997 hatte der Verein seinen Sitz an der Veterinärmedizinischen Universität Wien. Dies ermöglichte eine breitere Bekanntmachung der tiergestützten Therapie und den Ausbau der Angebote. Um die Qualität der Therapie weiter zu steigern, wurden ab diesem Zeitpunkt spezielle Ausbildungskurse für Therapiehunde entwickelt, die einen wesentlichen Teil der Therapietiere stellten.

Anerkennung und internationale Expansion
1998 wurde Dr.in Gerda Wittmann für ihre Pionierarbeit in der tiergestützten Therapie mit dem Goldenen Verdienstzeichen des Landes Wien ausgezeichnet. Der Vorstand des Vereins setzt sich aus Expert:innen verschiedener Disziplinen zusammen – darunter Tiermediziner:innen, Humanmediziner:innen und Biolog:innen – die die tiergestützte Therapie praxisnah und wissenschaftlich fundiert vorantreiben.
Mit der wachsenden Akzeptanz und Bekanntheit der tiergestützten Therapie konnte der Verein auch sein Netzwerk erweitern. TAT-Außenstellen wurden in ganz Österreich sowie in Deutschland, Ungarn, Griechenland und den Niederlanden gegründet. Heute betreut der Verein zahlreiche Einrichtungen wie Altenheime, geriatrische Institutionen, psychiatrische Anstalten, Krankenhäuser, Kindergärten und Schulen sowie Einrichtungen für Kinder mit besonderen Bedürfnissen.
Europäische Vernetzung und Zukunftsperspektiven
Im Oktober 2004 wurde durch den Verein „Tiere als Therapie“ die ESAAT (European Society for Animal Assisted Therapy) ins Leben gerufen – ein europäischer Dachverband zur Förderung und Standardisierung der tiergestützten Therapie. Dieser Dachverband sorgt dafür, dass Aus- und Weiterbildungsstandards europaweit vereinheitlicht werden und eine Qualitätskontrolle durchgeführt wird.
Seit 2018 befindet sich die Zentrale des Vereins in der Silenegasse 2 im 22. Wiener Bezirk. Nach 20 Jahren intensiver Zusammenarbeit mit der Veterinärmedizinischen Universität Wien, in deren Rahmen auch der europaweit einzigartige Universitätslehrgang für tiergestützte Therapie konzipiert wurde, bot der neue Standort nun die nötige Infrastruktur für das wachsende Tätigkeitsfeld des Vereins. Das Zentrum für Mensch-Tier-Begegnung soll nicht nur ein Ort der Ausbildung, sondern auch ein Raum für Forschung und den Austausch von Erfahrungen werden.
Heute zählt der Verein rund 700 Mitglieder und etwa 250 ausgebildete TAT-Teams, die mit ihren Tieren wertvolle therapeutische Unterstützung in unterschiedlichen Einrichtungen leisten. Gemeinsam mit der Unterstützung von Expert:innen und Partner:innen plant der Verein, die tiergestützte Therapie weiter zu fördern und auszubauen.
„Tiere als Therapie“ hat sich in den letzten Jahrzehnten zu einem führenden Akteur auf dem Gebiet der tiergestützten Intervention entwickelt und setzt weiterhin auf Innovation, Forschung und Vernetzung, um die Wirkung von Tieren in der Therapie nachhaltig zu etablieren und zu erweitern.